Siemens? Das steht für Ingenieurssinn, Sorgfalt und Genauigkeit. Genau diese drei Eigenschaften sind auch im Requirements Engineering wichtig. So ist es nicht verwunderlich, dass das deutsche Traditionsunternehmen ebenfalls eine Lösung für das Anforderungsmanagement platziert hat. Der Name: Siemens Polarion ALM. Wir haben uns das Web-Tool angesehen und berichten im mosaiic Impuls, wo die Software im Requirements Engineering glänzt.

Requirements Engineering mit Siemens Polarion – das web-basierte Multitalent

Seit 2004 entwickelt Polarion Software Ihre web-basierte Requirements- und Application-Lifecycle-Management-Lösung Polarion. 2014 wurde Siemens auf Polarion aufmerksam und investierte als Venture Capitalist 10 Mio. Euro in das aufstrebende Unternehmen. Zwei Jahre später akquirierte es Siemens vollständig. In der aktuellen Fassung 17.3 (Stand Februar 2018) deckt Polarion neben dem Requirements Engineering ebenfalls das Test & Quality Management, das Change & Configuration Management sowie das Project & Build Management ab. Für unsere Analyse haben wir uns auf die klassische und agile Erfassung und Verwaltung von Anforderungen konzentriert und das Modul Polarion Requirements der Produktfamilie genauer unter die Lupe genommen.

Das Web-Tool basiert auf Oracle Java und ist per Webbrowser auf dem Desktop PC, Smartphone und Tablet nutzbar. Zudem können Sie mit der iPhone App ALM2Go in der Rolle des Reviewers die Anforderungen prüfen und kommentieren. Den Applikationsserver inklusive PostgreSQL-Datenbank können Sie im eigenen Rechenzentrum, von Siemens oder bei einem Drittanbieter betreiben (lassen). Sprachlich wird Englisch und Deutsch unterstützt. Siemens bietet eine Demoversion auf einer Cloud-Testumgebung. Auf Wunsch können Sie eine „One-on-One Guided Tour“ – eine online Demonstrationssitzung – vereinbaren. Auf dem Polarion Blog erhalten Sie einen ersten Eindruck.

Grundlegende Entität des Polarion Requirements Datenmodells ist ein sogenanntes ‚Work Item‘. Ein Work Item können z.B. Anforderungen, User Stories, Testfälle oder Aufgaben sein. Auf Wunsch können Sie aus dem Work Item neue Entitäten ableiten bzw. bestehende Klassen mit Attributen und Beziehungen anreichern. Laut den Angaben von Siemens ist neben dem Datenmodell der Software ebenfalls die graphische Benutzerschnittstelle und die Applikationslogik anpassbar. Kontinuierlich entwickelt Siemens das Funktionsspektrum von Polarion auf Basis von Kundenanforderungen und technischen & fachlichen Trends weiter. Für ein Kalenderjahr sind drei Minor und ein Major Release vorgesehen.

Abbildung 1 - Konfigurierbare Widgets in Siemens Polarion ALM

Abbildung 1 – Konfigurierbare Widgets in Siemens Polarion ALM

Abbildung 2 - Dashboard mit Kanban Board

Abbildung 2 – Dashboard mit Kanban Board

Abbildung 3 - User Story mit Story Points

Abbildung 3 – User Story mit Story Points

Abbildung 4 - Individuell anpassbare Tabellen

Abbildung 4 – Individuell anpassbare Tabellen

Abbildung 5 - Modellieren mit dem Diagram Editor

Abbildung 5 – Modellieren mit dem Diagram Editor

Abbildung 6 - Sprint Planning mit Polarion

Abbildung 6 – Sprint Planning mit Polarion

Pros

  • Polarion Requirements bietet modellbasierte Dokumentation: Ein integrierter Editor erlaubt Ihnen die Erstellung typischer Anforderungsmodelle (Use Case Diagramm, Datenflussdiagramm uvm.). Ob die Notationsregeln der Modellierungssprache eingehalten werden, prüft das Tool jedoch nicht.
  • Polarion Requirements bietet konfigurierbare Reports: Mit wenigen Mausklicks können Sie Berichte definieren und aggregierte, selektierte und gefilterte Informationen über Ihre Work Items anzeigen.
  • Polarion Requirements integriert sich: Das Siemens Werkzeug bietet mannigfaltige Schnittstellen, u.a. Comma-Separated-Value, Requirements Interchange Format (ReqIf) und Microsoft Office (insbesondere Round-Trip Funktion für Word und Excel). Zusätzlich unterstützt die Software die Open Services for Lifecycle Collaboration Initiative und lässt sich damit direkt mit anderen Produkten verknüpfen.
  • Polarion versioniert und verfolgt: Per sogenannten Time Machine Mechanismus (Subversioning) protokolliert das Werkzeug alle Anforderungsänderungen mit bzw. erlaubt das Erstellen von Basislinien. So können Sie den Datenstand zu einem beliebigen Zeitpunkt in der Vergangenheit aufrufen und rekonstruieren. Auch stellt die Lösung eine projektübergreifende Nachverfolgung von Anforderungen sicher. Diese Verknüpfungen können Sie sich mit unterschiedlichen Modellen visualisieren lassen, z.B. in einem Moveable Tracebility Net.
  • Polarion Requirements wird weltweit geschult: Siemens bietet Training und Service in den gängigen Sprachen weltweit an. Neben Vor-Ort Schulungen beim Hersteller, Kunden oder einen Drittanbieterwerden ebenfalls virtuelle Trainings angeboten.
  • Polarion Requirements besitzt eine umfassende Suchfunktion: Mit der zentralen filter-basierten Suche lassen sich Work Items einfach und schnell finden. Dabei unterstützt Sie ein Helper Panel, mit dem Sie komplexe Suchanfragen per Mausklick konfigurieren können.
  • Polarion Requirements unterstützt Workflows: Die Software bietet vorgefertigte Arbeitsabläufe, beispielsweise für das Review von Anforderungen oder die Ereignis- bzw. zeitbezogene Benachrichtigung von Personen im Rahmen eines Scrum Sprints. Selbstverständlich können Sie eigene Workflows definieren oder bestehende anpassen.

Cons

  • Polarion Requirements erfordert eine Internetverbindung: Zur Nutzung der Web-Lösung müssen Sie bzw. Ihre Kollegen online sein.
  • Polarion Requirements ist kostenpflichtig: Stand März 2018 kostet Sie eine unverhandelte Einzelpersonenlizenz für die selbst betriebene Software einmalig rund 1.600 Euro (siehe Preisübersicht). Die Wartung ist noch nicht eingerechnet. Sie können Polarion Requirements auch für 114 Euro pro Monat als Software as a Service (SaaS) abonnieren.

Methode

Die Grundlage unserer Tool-Untersuchung bildet ein strukturierter Analysebogen. Auf Basis von 68 Fragen aus 6 verschiedenen Kategorien evaluierten wir im persönlichen Dialog mit dem Tool-Hersteller die Fähigkeiten und Eigenschaften seiner Requirements Engineering Software. Zudem sichteten wir weiteres verfügbares Begleitmaterial wie Softwaredokumentationen sowie Tutorial Videos und verfolgten eine Tool-Demonstration des Herstellers auf der REConf 2018.

Neben generellen Werkzeug- und Betriebsaspekten wie Schnittstellen, Softwarearchitektur und Lizenzierung untersuchten wir spezifische Aufgaben und Bedarfe aus der Disziplin des Anforderungsmanagements. Den fachlichen Rahmen spannte dabei das International Requirements Engineering Board mit seiner umfassenden Dokumentation auf.

Fazit

Bei Polarion Requirements von Siemens handelt es sich um ein mächtiges, durchdachtes und ausgereiftes Produkt. Überzeugt hat uns insbesondere die Time Machine Funktion, die integrierten Review Workflows sowie der Import & Export von Word- und Excel-Dokumenten (Round-Trip-Funktion). Aus unserer Sicht ebenfalls erstklassig ist die umfassende Unterstützung von SCRUM sowie die zeitgemäße web-basierte Nutzung. Falls Sie auf der Suche nach einem Requirements Tool sind bzw. den kompletten Entwicklungslebenszyklus Ihrer Applikationen mit einer Lösung abdecken möchten, sollten Sie Polarion ALM in Ihre Tool Evaluierung mit einbeziehen.

Sie planen Requirements Engineering mit Siemens Polarion umzusetzen? Informieren Sie sich detailliert über die Vor- und Nachteile dieser Softwarelösung. Laden Sie sich dazu das 12-seitige Fact Sheet herunter. Kontaktieren Sie uns für ein unverbindliches Gespräch!