Der Bottleneck Walk – eine einfache Methode zur Engpassidentifikation

Ein Engpass ist ein Überlastungspunkt in einem System (z. B. einem Fließband). Er tritt auf, wenn die Arbeitslast schneller kommt, als dass der Produktionsprozess sie bewältigen könnte. Selbst, wenn dieser Produktionsprozess mit maximaler Kapazität läuft, kann er immer noch nicht die Arbeitslast schnell genug verarbeiten, um sie ohne Verzögerung in die nächsten Phasen zu bringen.

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Vereinfachte Darstellung eines Engpasses, mosaiic GmbH

Tatsache ist, dass jedes System einen Engpass haben muss[1]. Deshalb ist es umso wichtiger, dass Sie ein Engpass in Ihrer Produktion einfach erkennen können.

Wie entsteht ein Engpass?

  • durch zu knapp bemessene Kapazitäten, z.B. bei der Kapazitätsplanung;
  • durch Kapazitätsschwankungen, z.B. bei Personalfluktuation;
  • durch zu hohe Beanspruchung in der Produktion, z.B. bei Maschinenausfall;
  • durch fehlende Harmonisierung der Produktionsfaktoren, z.B. bei nicht ausgeglichenen Taktzeiten;

Welche Auswirkungen haben die Engpässe?

  • Produktionsstillstände aufgrund fehlender Komponenten à Störungen in der Wertschöpfungskette
  • Überangebot an Waren (Bestandsaufbau) à Logistik-Störungen und Lagerkosten
  • Überlastung einer Maschine à Maschinenausfälle und höhere Wartungskosten
  • Rückgang der Arbeitsmoral à Überstunden, Frustration
  • geringe Liefertreue à Verlust von Kunden

Einfache Methode zur Engpassidentifikation: The Bottleneck Walk

Die Engpassbegehung (Bottleneck Walk) basiert auf einigen einfachen Beobachtungen in einem (Fließ-)Produktionssystem[2]. Sie beobachten ausgewählte Bestände und Prozesse, um den Engpass zu ermitteln. Das Charmante dabei: Sie benötigen keine Messungen oder Berechnungen, die nicht auch durch bloße Betrachtung des Produktionssystems beobachtet werden können.

Wir gehen einfach entlang der Produktionslinie und beobachten Maschinen, Prozessen und Bestände/Puffern, um die Richtung des Engpasses an mehreren Stellen festzustellen und den aktuelle Engpass zu identifizieren.

Wo ist der Engpass?

Wenn Sie einen Prozess oder eine Maschine beobachten, können Sie dies in verschiedenen Zuständen sehen. Allgemeine Zustände für eine Maschine sind:

  • sie ist ausgeschaltet oder im Standby-Modus,
  • sie wird umgerüstet oder wärmt auf,
  • sie arbeitet an einem Teil,
  • sie wartet auf Material (hungert),
  • sie wartet auf den Transport eines fertigen Teils (blockiert),
  • sie hat einen Ausfall,
  • sie ist in Wartungsmodus.

Wenn die Maschine hungert oder blockiert ist, kann sie der Engpass nicht sein. Bei den anderen Zuständen können wir nicht sagen, ob eine Maschine oder ein Prozess zu diesem Zeitpunkt der vorübergehende Engpass ist.
Abgeleitet werden kann, dass:

  • wenn der Prozess hungert, ist der Engpass vorgelagert und
  • wenn der Prozess blockiert ist, ist der Engpass nachgelagert.

Ähnliches gilt für die Pufferzustände. Wenn der Puffer:

  • eher leer ist (<1/3 der maximalen Kapazität), ist der Engpass vorgelagert,
  • eher voll ist (<2/3 der maximalen Kapazität), ist der Engpass nachgelagert,
  • sich in Normalzustand befindet (1/3 < aktuelle Belastung < 2/3), können wir keine Aussage treffen.

 

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Richtungsweisung für die Identifizierung von Engpässen, mosaiic GmbH

Wir zeichnen die Pfeile in die Richtung des Engpasses. Immer, wenn zwei Pfeile aufeinander zeigen, muss ein Engpass dazwischen liegen. Zusammenfassend helfen uns folgende Regeln für die Maschinen/Prozesse und Puffern bei der Bestimmung der Pfeilrichtungen (siehe Abbildungen).

Beispiel für die Identifizierung eines Engpasses

Im folgenden Beispiel verwenden wir ein einfaches System, das aus vier Prozessen und fünf FIFO-Beständen mit einer maximalen Kapazität von jeweils vier Teilen besteht. Bei den Beständen betrachten wir null oder ein Teil im Bestand als Zeichen für einen vorgelagerten (upstream) Engpass. Wenn sich genau zwei Teile im Bestand befinden, können wir die Richtung des Engpasses nicht erkennen. Letztlich drei oder vier Teile sind ein Anzeichen für einen nachgelagerten (downstream) Engpass.

BottleneckWalk_Beispiel_mosaiic

Bottleneck Walk Beispiel mosaiic GmbH

Prozess P1 hatte nach jedem Teil eine kleine Wartezeit auf den Transport (blockiert), und die Prozesse P3 und P4 warteten nach jedem Teil auf Material. Da alle Pfeile auf P2 zeigen, muss dieser Prozess in diesem Moment der Engpass sein. Alle Richtungen weisen auf diesen einen Prozess hin. Die Richtung des Engpasses anhand der Bestände ist deutlich zu erkennen.

In der Realität ist es möglich, dass Sie nicht für jede Beobachtung gute Daten erhalten. Es ist möglich, dass direkt vor oder nach Prozess 2 ein anderer Prozess existiert, wie klein auch immer, der den Engpass unseres Systems darstellt, wie z.B. ein langsamer logistischer Prozess oder ein schlecht konfiguriertes Förderband, das für den Gütertransport notwendig ist. Selbst wenn einige Richtungen fehlen, können Sie sich den Engpass nähern.

Fazit zur Identifizierung von Engpässen

Engpässe in der Produktion entstehen aus vielen Gründen, wie bspw. ein plötzlicher Anstieg der Nachfrage, der die Produktionskapazität übersteigt, oder eine suboptimierte Produktionsplanung. Die Identifizierung eines Engpasses in der Produktion ist eine sehr wichtige tägliche Aufgabe, da Engpässe oft zu Verzögerungen in der Produktion, höheren Kosten und einer geringen Arbeitsmoral der Mitarbeiter führen.

Nachdem Sie einen Engpass in einem Fertigungsprozess identifiziert haben, können Sie nun den Prozess der Engpassbeseitigung einleiten. Es gibt viele mögliche Lösungen, die Ihnen auf diesem Weg helfen können:

  • gewinnen Sie mehr Transparenz in Ihren Prozessen, indem Sie Daten sammeln und analysieren,
  • optimieren oder überdenken Sie Ihre Prozesse von Grund auf, oder
  • beziehen Sie Ihre Mitarbeiter stärker in die Entscheidungsfindung und Problemlösung ein.

Wenn Sie bereit sind, Ihren Fertigungsprozess zu verbessern und weitere (oder potenzielle) Engpässe zu vermeiden, ist es an der Zeit, sich an uns zu wenden. Einen entsprechenden Leistungsüberblick finden Sie hier. In Ihrem Vorhaben unterstützen wir Sie gerne!

[1] „There is always a bottleneck. Sometimes it is you. | BERKONOMICS“. BERKONOMICS. 24 June 2011. Aufgerufen 2022-01-31.

[2]The Bottleneck Walk: Practical Bottleneck Detection