Aufgedeckt – die 9 häufigsten Business Model Canvas Fehler (und wie Sie diese vermeiden)

Eigentlich ist doch alles klar. Genau neun Bereiche, verschiedene Elemente, ein Geschäftsmodell. Die Rede ist vom Business Model Canvas, ein von Alexander Osterwalder und Yves Pigneur erdachtes Konzept zur Entwicklung, Analyse und Visualisierung von Geschäftsmodellen. Eigentlich.
Im mosaiic Impuls fassen wir die von uns am häufigsten beobachteten Business Model Canvas Fehler zusammen und zeigen, wie Sie es besser machen können.

Neun typische Business Model Canvas Fehler und deren Behebung

Nach mehrjähriger Arbeit mit dem Tool im Rahmen unserer Geschäftsmodell-Workshops stoßen wir immer wieder auf Fehlannahmen, die sich bei der Arbeit mit dem Business Model Canvas einschleichen. Irrtümer, die Unternehmern, Führungskräfte und Entscheider Zeit und Nerven kosten und zu diffusen, teilweise gar falschen Geschäftsmodellen führen.

Nachfolgend unsere Auswahl der neun häufigsten Business Model Canvas Fehler sowie Maßnahmen, um diese zu vermeiden.

Fehler 1 – „Das Business Model Canvas beschreibt immer das gesamte Unternehmen“

Häufig möchten Strategieteams mit Hilfe des Business Model Canvas das Geschäftsmodell des ganzen Unternehmens erfassen. Alles soll in ein Modell zusammengebracht werden ohne das sich die Teilnehmer vorher zum Detaillevel und den Zielen abstimmen. Die Folge: das resultierende Modell platzt aus allen Nähten. Verschiedene einzelne Geschäftsmodelle werden in unterschiedlicher Granularität in eine Abbildung gebracht.

  • Definieren Sie vor der Arbeit mit dem Business Model Canvas den Zweck, Nutzung und Detaillierungsgrad des Geschäftsmodells. Wer möchte was mit dem Canvas tun? Geht es um die Übersicht zum Ist-Modell? Oder soll mit Hilfe des Resultats ein Soll-Modell implementiert werden können? Legen Sie zuvor fest, welchen Bereich Ihres Unternehmens Sie in welcher Genauigkeit im Canvas abbilden möchten.

Fehler 2 – „Geschäftsmodelle werden von ‚hinten nach vorne‘ entwickelt“

Häufig beobachten wir bei Kundenteams, dass diese ihr aktuelles Geschäftsmodell ausgehend von den Kernaktivitäten und Kernressourcen modellieren. Im Zentrum steht der Backstage-Bereich des Unternehmens – die Innensicht. Die Schwierigkeit: Kunden kaufen keine Prozesse, IT-Applikationen und Mitarbeiter. Kunden bezahlen einzig und allein für das Wertangebot.

  • Starten nicht hinten im ‚Maschinenraum‘ Ihres Geschäftsmodells. Dieses ist die logische Konsequenz Ihrer Dienstleistung bzw. Produkte. ‚Zäumen‘ Sie Ihr Business Model Canvas besser von vorne auf, beginnend mit den Kundengruppen und anschließend dem Wertangebot. Hier steckt die Musik, Ihre Problemlösungskompetenz, die Umsatzströme. Nicht in Ihrer notwendigen Organisationspyramide, den erforderliches Assets oder zwingenden Partnerbeziehungen.

Fehler 3 – „Bei einem zukünftigen Geschäftsmodell geht es um das Wertangebot“

Bei der Entwicklung von neuen Geschäftsmodellen erleben wir oft, dass Kunden das Business Model Canvas vom Wertangebot kommend modellieren. Dieses Vorgehen funktioniert bei Ist-Geschäftsmodellen. Diese sind erprobt, für sie gibt es Kunden. Bei zukünftigen Soll-Geschäftsmodellen laufen Sie jedoch mit diesem Vorgehen in ein Problem. Hier wissen Sie nicht, ob Ihr Wertangebot auch Kunden findet. Technisch ausgesprochen: Ihnen fehlt der klare Beleg zum Problem-Lösungs-Fit.

  • Starten Sie bei neuen Geschäftsmodell mit den Kundensegmenten. Statt dem Ansatz „Habe Lösung, suche Problem“ picken Sie sich gravierende, wiederkehrende und dringende Probleme Ihrer zahlenden Zielkundengruppe heraus. Und entwickeln für diese ein Wertangebot als Lösung.

Fehler 4 – „Das Business Model Canvas ist wie eine Checkliste“

Gelegentlich kommt es vor, dass Strategieteams buchstäblich durch das Canvas flitzen. Jeder der neun Bereiche wird wie eine Aufgabe auf einer Checkliste angesehen. Schritt für Schritt eliminiert die Gruppe diese offenen ToDos. Fast gleicht dieses Vorgehen einem Formel 1 Rennen in dem das Team gewinnt, das zuerst ein fertig ausgefüllten Business Model Canvas vorzeigt.

  • Bei der Entwicklung von Geschäftsmodellen gilt: Geschwindigkeit ist gut, aber nicht entscheidend. Alle Bereiche des Business Model Canvas hängen zusammen. Kreieren Sie Verknüpfungen, wenn Sie den Canvas ausarbeiten. Wie beeinflusst das Wertangebot die Kundenkanäle? Mittels welcher Kernaktivitäten erfüllen wir die Kundenbeziehungen? Haben Sie keine Scheu mehrmals über die Bereiche und Elemente zu iterieren. Und klare Verbindungen zwischen diesen herzustellen. Am Schluss stehen alle Elemente in Bezug zu mindestens einem anderen Element. Sogenannte „Waise Elemente“ gibt es nicht.

Fehler 5 – „Gegenwart und Zukunft finden in einem Canvas Platz“

Zunächst klingt es verlockend: aktuelles und zukünftiges Geschäftsmodell in einem gemeinsamen Business Model Canvas. Auf einer einzigen Folie, im direkten Vergleich. Insbesondere beim allerersten Kontakt mit dem Modell tappen Strategieteams in diese Falle.

  • Trennen Sie zwischen Geschäftsmodellen für die Gegenwart und Zukunft. Ihr aktuelles Geschäftsmodell beruht auf Entscheidungen in der Vergangenheit. Es ist praxistauglich und kundenerprobt. Ein neues Geschäftsmodell ist zunächst nicht mehr als eine Menge von Hypothesen. Zukunftspläne, die darauf warten von Ihnen validiert zu werden.

Fehler 6 – „Nutzer und Begünstigte sind ebenfalls Kundengruppen“

Wir sehen es immer wieder: im Bereich Kundensegmente des Business Model Canvas schleicht sich eine Gruppe ein, von der kein Erlösstrom zu erwarten ist. Typische Beispiele sind ‚Systemnutzer‘, ‚Kinder zwischen 6 und 12 Jahren‘ oder eine ‚Staatliche Behörde‘. Diese Zielgruppen profitieren zwar vom Wertangebot, tatsächlich entscheiden Sie jedoch nicht über einen Kauf bzw. eine Investition.

  • Unterscheiden Sie zwischen Kunde und Nicht-Kunde. Kundengruppen zahlen für Ihr Wertangebot. Begünstigte nutzen dieses bzw. leben mit seinen Konsequenzen. Oft sind diese beiden Fraktionen identisch. Jedoch nicht immer. Modellieren Sie Begünstigte als Kernpartner, zahlende Gruppen als Kundensegmente. Alternativ nutzen Sie das Mission Model Canvas. Das Konzept eignet sich besonderes für Non-Profit-Organisationen und interne Unternehmensbereiche.

Fehler 7 – „Kundenbeziehungen ist was fürs Marketing und gehört eigentlich nicht ins Canvas“

Nach unseren Erfahrungen ist von allen neun Bereichen des Business Model Canvas ‚Kundenbeziehungen‘ vielleicht der Schwierigste. Entweder bitten unsere Kunden, hier zu konkretisieren oder wir erleben, dass generelle Phrasen wie ‚Persönlich‘ oder ‚Automatisiert‘ in diesem Bereich notiert werden.

  • Lassen Sie die Kundenbeziehungen nicht unter den Tisch fallen. Sie haben das passende Wertangebot für die Kundengruppe? Prima! Jetzt geht es darum, wie sich eine Beziehung zwischen diesen beiden entwickelt? Schrittweise über mehrere Monate? Plötzlich und spontan? Online? Oder im persönlichen Gespräch? Langfristig? Einmalig? Verfeinern Sie auf Basis der Kundenkanäle die Interaktionsmuster zwischen Kundengruppe und Angebot.

Fehler 8 – „Je mehr Informationen das Canvas enthält, desto besser“

Regelmäßig beobachten wir unsere Kunden dabei, wie sie versuchen sehr viel Text im Business Model Canvas unterzubringen. Zwar arbeiten sie mit Haft-Notizzetteln in denen sie die Elemente notieren, doch umfassen diese Beschreibungen mehrere Wortgruppen, teilweise einzelne Textpassagen, manchmal sogar ganze Bullet-Point Wüsten. Die Folge: das Canvas wirkt überladen, ist für einen Ausstehende der nicht am Entstehungsprozess teilgenommen hat schwer bis gar nicht verständlich. Statt zentrale Begriffe und Zusammenhänge stehen Detailbeschreibungen im Vordergrund.

  • Notieren Sie für jedes Element Ihres Geschäftsmodell ein spezifischen Begriff auf ein Haft-Notizzettel. Ergänzen Sie diesen durch eine kleine Abbildung. Schaffen Sie damit ein lesbares Business Model Canvas und ganz nebenbei eine einheitliche Nomenklatur. Weiterführende Erklärungen, Zahlen, Daten und Fakten lagern Sie in eine Begleitunterlage aus. Der Canvas ist ein Brennglas. Mit ihm fokussieren Sie, wie Sie mit Ihren Angeboten Werte schaffen, vermitteln und erfassen. Alle Elemente sollten auf derselben Detailebene angesiedelt sein.

Fehler 9 – „Das erste neue Geschäftsmodell ist das Perfekte“

Insbesondere bei der Konzeption von Soll-Geschäftsmodellen werden wir immer wieder Zeuge des „The First one is the best“-Verhaltens. Froh darüber, ein neues Geschäftsmodell entwickelt zu haben, erklärt das Team die erste Fassung des Canvas als die Beste. Unternehmer, Führungskräfte und Eigentümer klopfen sich auf die Schulter. Für diese allererste Runde.

  • Modellieren Sie Ihre Geschäftsmodelle iterativ. Wiederkehrend betrachten Sie die Bereiche, Elemente und Zusammenhänge Ihres Geschäftsmodells. Und optimieren dieses Schrittweise. Auf Basis neuer Fakten, abgesicherten Hypothesen, gescheiterten Tests. Nehmen Sie nach einer Reflexionspause mit einem leicht veränderten Team die Arbeit wieder auf. Zu einem anderen Zeitpunkt mit einer variierten Perspektive fallen Ihnen sicher Elemente auf, die Sie vorher nicht berücksichtigt hatten. Das Staunen ist oft groß, wie viel sich doch auf dem Canvas innerhalb 6 Monaten verändern kann.

Fazit

Geschäftsmodelle mit dem Business Model Canvas zu entwickeln ist ein iterativer, gemeinschaftlicher und visueller Prozess. Im Team schaffen Sie Transparenz bzgl. Ihres aktuellen Business Models, entwickeln dieses weiter oder definieren zukünftige Werteträger ihrer Organisation.

Wie (fast) immer gilt dabei: je mehr Geschäftsmodelle und Iterationen, desto einfach geht die Konzeption und Analyse von der Hand. Und desto weniger der vorgestellten Fehler schleichen sich ein. Zeit für ein neues Business Model Canvas…

Übrigens ist nach dem Duden beides richtig: der (maskulin) und das (Neutrum) Canvas.

Laden Sie sich hier unsere Checkliste für das Business Modell Canvas herunter und entwickeln Sie zukünftig konsistente, korrekte und vollständige Geschäftsmodelle in 1A-Qualität. Wir beraten und begleiten Sie dabei gerne, sprechen Sie uns an!

 

Wir helfen Ihnen auch dabei, die Digitalisierungspotenziale Ihres bestehenden Geschäftsmodells zu identifizieren, Lösungen zu entwickeln und zu validieren:

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