Nutzerzentrierte Anforderungserhebung für ein neues Produktdatenmanagement-System

Hintergrund der nutzerzentrierten Anforderungserhebung

Ein Automobilhersteller muss seine konzernweit genutzte, in die Jahre gekommene Teileverwaltungssoftware ablösen, in der alle Bauteile verwaltet werden. Das groß angelegte Programm umfasst mehrere Projekte mit verschiedenen fachlichen Schwerpunkten. In einem dieser Projekte geht es um die Neuentwicklung des Projektmonitoring-Moduls der Teileverwaltungssoftware. Dieses wird von insgesamt ca. 100.000 Usern aus verschiedenen Fachbereichen – Entwicklung, Beschaffung, Qualität, Logistik – und seitens der Lieferanten genutzt.

Das aktuelle Tool gibt es seit vielen Jahrzehnten. Es wurde über die Jahre immer wieder erweitert, ist mächtig und komplex und nach heutigen Maßstäben nicht nutzerfreundlich.

Ziel unseres Projekts ist es, strukturiert und menschzentriert die Nutzerbedarfe und Anforderungen an das neu zu entwickelnde System abzuleiten.

Herausforderungen der nutzerzentrierten Anforderungserhebung

Herausfordernd ist dabei sowohl die breite Nutzerschaft als auch der komplexe fachliche Kontext: In der Software arbeiten verschiedene Rollen, Fachbereiche, Marken und Standorte zusammen, deren Arbeitsweisen und Anforderungen sich teilweise stark unterscheiden. Diese unterschiedlichen Use Cases und Anforderungen müssen verstanden und berücksichtigt werden, um sie im neuen Tool bestmöglich zusammenzubringen. Dazu kommen die vielen Normen und Richtlinien, die in den Arbeitsprozessen und digital im System abgebildet werden müssen.

Wie sich in den Interviews schnell zeigt, sind die zentralen Herausforderungen für die User der große Funktionsumfang und der unübersichtliche, nicht mehr konsistente Aufbau des aktuellen Tools. Es ist bereits viele Jahre in Betrieb und über die Zeit „organisch“ gewachsen. Daher enthält es eine Vielzahl an Funktionen, die von „Power Usern“ mit langer Erfahrung zwar geschätzt werden – Neulinge oder Gelegenheitsnutzer werden davon aber eher überfordert.

Vorgehensweise der nutzerzentrierten Anforderungserhebung

Hier setzen wir mit unseren über Jahre bewährten UX-Methoden an, die auf umfangreiche, stark vernetzte fachliche Prozesse zugeschnitten sind: Mit einer Nutzungskontextanalyse werden die User des aktuellen und zukünftigen Systems von Anfang an miteinbezogen. Ihre Aussagen bilden die Basis für die Anforderungen an das neue System.

Was bedeutet Nutzungskontextanalyse? Es geht darum, die Arbeitsweise der Nutzenden in ihrem Kontext zu analysieren und zu verstehen: ihre Aufgaben und Ziele, die Bedingungen, unter denen sie arbeiten, vorgelagerte Tätigkeiten und Auslöser, nachgelagerte Tätigkeiten und Outcomes ihrer Arbeit sowie die Zusammenarbeit mit anderen.

Konkret heißt das: Wir erarbeiten uns zunächst ein grundlegendes Verständnis für die Funktionsweise und den Funktionsumfang des aktuellen Systems. Darauf basierend führen wir ausführliche, Leitfaden-gestützte (Remote-)Interviews mit den Nutzenden durch. Fokus ist dabei die Deep Dive-Aufgabenanalyse, in der uns die User ihre Aufgaben demonstrieren und erläutern. So erhalten wir einen tiefen Einblick in die Arbeitsweise der Nutzenden sowie die Probleme und Herausforderungen, vor denen sie stehen. Die Frage, die dabei für uns immer im Fokus steht, ist: Was sind die Bedarfe der Nutzenden? Welche Aufgabenziele wollen oder müssen die User erreichen und wie muss das System gestaltet werden, damit diese Ziele erreicht werden können? Das finden wir durch die Tiefeninterviews heraus, und auf Basis dieser Bedarfe gestalten wir das neue System.

Dabei leiten uns eine Reihe weiterer Fragen, wie:

  • Was sind die Haupt-Pain Points und Erfordernisse der Nutzenden?
  • Welche Funktionen sollen weiterhin in jedem Fall bereitgestellt werden?
  • Welche Aufgaben werden aktuell mit Workarounds oder außerhalb des Systems – häufig in Excel – erledigt, weil die Funktionen im aktuellen System fehlen oder schlecht umgesetzt sind?
  • Was sollte also verbessert, nutzerfreundlicher gestaltet oder ergänzt werden?

Die Gespräche mit den Usern liefern uns reichlich Input für diese Fragen. Dieser Input wird von uns im Anschluss intensiv durchgearbeitet, strukturiert, aggregiert und nach thematischen Schwerpunkten analysiert.

Ergebnis ist ein umfassendes Verständnis des Status Quo und der zugrundeliegenden Bedarfe der User, die wir in einer umfangreichen Ergebnisdokumentation zusammenfassen. Schritt für Schritt erarbeiten wir uns ein Bild dessen, wie das neue System gestaltet werden sollte, um den Nutzenden ein noch effektiveres, effizienteres und somit zufriedenstellendes (vgl. DIN EN ISO 9241-11) Arbeiten zu ermöglichen – sowohl bezüglich Funktionalität als auch bezüglich Darstellung und Bedienbarkeit.

Immerhin – das muss man bei großen UX-Projekten im B2B-Kontext immer bedenken – verbringen viele der befragten User einen großen Teil ihrer Arbeitszeit mit dieser einen Software! Ein mithilfe von UX-Ansätzen neu gestaltetes Tool, das die Nutzerbedarfe erfüllt, leistet daher auch einen erheblichen Beitrag zum Unternehmenserfolg: Durch schnelleres, fehlerfreies Arbeiten und das Vermeiden von Workarounds oder unnötigen Systemsprüngen wird die Arbeitseffizienz erhöht und Kosten gespart.

Zur Verdeutlichung ein Beispiel für einen der vielen Workarounds, die im vorliegenden System genutzt wurden und von denen uns die Nutzenden in den Gesprächen berichteten: Für interne Abstimmungsrunden müssen regelmäßig aktuelle Systemdaten aufbereitet und präsentiert werden.

 

– Die Reports im System erzeugen statische, nicht editierbare PDFs, die nicht alle notwendigen Informationen enthalten.

– Daher werden die Informationen aus dem PDF nach PowerPoint kopiert und dort für die Abstimmungsrunde aufbereitet.

– Die angepassten Werte müssen wieder manuell in die Software eingepflegt werden.

 

Diese Arbeit ist nicht nur anstrengend, sondern auch zeitaufwändig und fehleranfällig. Angenommen, dieser Workaround dauert 15 Minuten und wird einmal wöchentlich durchgeführt, sind das pro Monat und Mitarbeitendem 1 Stunde Arbeitsaufwand – für 100 Mitarbeitende bereits 100 Stunden im Monat! Solche Kosten werden zukünftig durch eine ins System integrierte Report-Lösung auf ein Minimum reduziert.

Ergebnis und Kundenfeedback 

Auf Grundlage der Nutzeraussagen entwickeln wir ein Big Picture als Basis für den Produktschnitt und die neue Systemarchitektur und leiten strukturiert Anforderungen an das neue System ab. Das Ergebnis beinhaltet nicht nur neue und zu übernehmende Funktionen, sondern auch eine Überarbeitung der Informationsarchitektur, des Layouts und Bedienkonzepts – und neue, visionäre Konzepte, die den Nutzenden einen echten Mehrwert bieten. Im vorliegenden Projekt war das beispielsweise die Einführung eines individualisierbaren Dashboards, über das die User direkt in das System einsteigen können, eine gute Übersicht haben und genau diejenigen Informationen und Funktionen vorfinden, die sie brauchen.

Am Ende steht für uns in diesem Projekt eine strukturierte Liste mit Epics und User Stories, die wirklich auf Nutzerbedürfnissen basieren und als Grundlage für das Product Backlog dienen.

Unsere Kunden sind von dem Ergebnis mehr als überzeugt. Für sie ist das Ergebnis eine fundierte und detaillierte Basis, mit der sie im Projekt sehr gut weiterarbeiten können:

„Im Rahmen der Ablösung eines IT-Altsystems erarbeitete die Firma mosaiic für uns eine UX-Nutzungskontextanalyse des abzulösenden IT-Systems. Ziel war es, die Erkenntnisse der Nutzer bestmöglich in die Entwicklung des Neusystems einfließen zu lassen. Das Ergebnis überzeugt! Die Fülle an Informationen, Wünsche und Anregungen aus den zahlreichen Gesprächen mit den Nutzern wurden thematisch geclustert, priorisiert und in eine übersichtliche und verständliche Form gebracht. Die Nutzungskontextanalyse bietet damit die ideale Grundlage zur weiteren Bearbeitung durch die Business-Analysten bzw. für das Backlog der Entwickler.“

 

(Delivery Manager (Steuerung IT, Projektmanagement), Audi AG)

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User Experience (UX) ist für uns ein strategischer Erfolgsfaktor in der digitalen Produktentwicklung. In langjähriger Praxis haben wir UX-Ansätze spezifisch für die Gestaltung von Enterprise Software in Industrieunternehmen kontinuierlich weiterentwickelt. Denn nur wenn wir die Bedürfnisse der Nutzenden wirklich verstehen, entstehen erfolgreiche und nachhaltige Lösungen. Kontaktieren Sie uns gerne für ein unverbindliches Gespräch!